KI in Kunst: Lässt sich Kunst prompten?

Robert Seidel, Absolvent der Bauhaus-Universität Weimar, kreiert seit mehr als 20 Jahren digitale Kunst. Seit fünf Jahren begleitet ihn KI im kreativen Prozess. Im Interview haben wir ihn gefragt: Überwiegt mit KI der Zeitgewinn? Und wie erfüllend ist es, KI in der Kunst zu nutzen?

Portrait von Robert Seidel

Wozu hat KI dich inspiriert?

Etwa zu „Hysteresis“: Der Experimentalfilm ist eine Metapher für die Möglichkeiten von KI.

Genau?

Im Film transformiere ich meine Zeichnungen, Projektionen und die Performerin Tsuki durch den Filter von Jahrhunderten. Ohne KI hätte es mich unendlich viel Zeit gekostet. Mit KI hatte ich den ungefilterten Zugriff auf die komplette Kunstgeschichte.

Überwiegt mit KI der Zeitgewinn?

Im besten Fall der Qualitätsgewinn. Das kann gelingen, wenn man „selbst“ Teil der Trainingsdaten und Prozessketten wird.

Wie setzt du KI noch ein?

In Phasen der Recherche. Mit KI kann ich auch verrauschte Videos restaurieren, die ohne sie verloren wären. Ein Aspekt, den man oft übersieht.

Bringt dir KI neue Aufträge?

Es ist zweischneidig: Ich gewinne Projekte, die dezidiert nach KI-Kunst fragen. Ich verliere aber auch definitiv Jobs.

Geht „Kunst prompten“?

Schwierig. Die Strukturen, die mich interessieren, der Grad der Abstraktion, lassen sich kaum in Worte fassen.

Foto: Hysteresis by Robert Seidel

Was ist erfüllender?

Mein eigenes Material zu variieren und meine Erwartungshaltung zu sprengen.

Ist das eine Art Dialog mit der KI?

Nicht so, wie vielleicht erwartet. Es ist keine geradlinige Optimierung: Es ist ein tänzerisches Annähern an das (Un-)Mögliche. Ich will kein glatt geschliffenes Ergebnis, bei dem ich denke: Ist das jetzt noch meine Kreation? Oder ein Destillat aus den Werken tausender ungenannter Künstler:innen?

Ist KI verführerisch?

Sie ist schnell und verführt so dazu, mehr zu generieren. Ich versuche, dem zu widerstehen.

Ich will kein glatt geschliffenes Ergebnis, bei dem ich denke: Ist das jetzt noch meine Kreation? – Robert Seidel

Was beunruhigt dich?

Wenn jüngere Generationen von Anfang an KI verwenden und nicht mehr an den Punkt kämen, ihre eigene Stimme zu finden.

Was darf KI nicht?

Die Integrität des Werks an sich infrage stellen.

Wovon wünschst du dir mehr?

Das Mächtige an KI-Tools ist, einem die eigene Formensprache durch neue Prozesse näherzubringen. Ich finde, das passiert viel zu selten!

Mehr zur Arbeit von Robert Seidel findest du hier: www.robertseidel.com

Interview & Text: Despina Borelidis

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