Das Wildwuchs Brauwerk produziert erfrischend unkonventionelle Biere. Dass der Gerstensaft so eine ursprüngliche Geschmacksvielfalt bietet, liegt wohl an diesem Fakt: Wildwuchs Brauwerk ist Hamburgs einzige Brauerei in vollständiger Bio-Qualität. Das Bier macht keine langen Reisen, sondern kommt nach der Abfüllung direkt zu den Gästen. Es bringt Natur in die Stadt. Das behauptet Braumeister Fiete Matthies, Gründer und Inhaber von Wildwuchs Brauwerk. Er stand uns Rede und Antwort
Wie hat bei Ihnen alles angefangen?
Angefangen hat alles mit meinem ersten Bier, das ich noch nicht trinken durfte. Mit 15 habe ich in der Holsten Brauerei ein achtwöchiges Schulpraktikum gemacht und nach dem Abitur bewarb ich mich auf die Lehrstelle, um Brauer und Mälzer zu werden.
Warum gibt es das Wildwuchs Brauwerk?
Wildwuchs Brauwerk habe ich 2014 mit meinen beiden ältesten Brüdern gegründet. Sie sprachen mich aber zuerst an, ob wir nicht zusammen eine Gurkenbrause auf den Markt bringen wollen. Und da habe ich gesagt: Gurkenbrause schmeckt lecker, aber lasst uns das hintanstellen. Lasst uns mit dem anfangen, was ich gelernt habe: Braumeister.
Sie hätten aber auch Braumeister in einem großen Unternehmen werden können.
Bierbrauen macht mir Spaß. Aber wenn, dann möchte ich es schon in einer Handwerksbrauerei machen. In einer eigenen Produktion, wo ich näher am Produkt, aber auch näher am Kunden bin, wo ich selber Entscheidungen treffen kann, wo ich am Geschmack was ändern kann.
Und wieso musste es eine Bio-Brauerei sein?
Der entscheidende Moment dafür war, als wir gemerkt haben, dass es nichts Derartiges in Hamburg gibt. Wenn ich etwas konsumiere, dann möchte ich das gerne mit einem guten Gewissen tun. Das heißt, ich gucke, wer mein Gemüse anbaut. Wenn ich Fleisch esse, dann will ich wissen, von woher es stammt. Und so möchte ich das beim Biertrinken auch haben. Und das war für uns der Grund zu sagen: Wenn es so etwas nicht gibt, müssen wir es halt selber machen.
Was macht Wildwuchs zu einer Bio-Brauerei?
Bio bedeutet zunächst einmal, dass die Rohstoffe biozertifiziert sein müssen und nach ökologischen Kriterien angebaut werden. Weil wir das alles aber nicht wegen eines Marketing-Gags, sondern aus Überzeugung machen, haben wir den gesamten Prozess angefasst. So läuft unsere Produktion komplett mit Green Planet Energy. Wir produzieren möglichst wenig Abfall, weil wir wenig Verpackung einsetzen. Beim Bierprozess sind wir mehr oder weniger abfallneutral. Alles, was hier an Rohstoffen übrigbleibt, wird entweder von der Bio-Bäckerei Bahde zu Brot verbacken oder es wird von Öko-Milchbauern an ihre Rinder verfüttert. Und wenn von der Bäckerei Brot überbleibt, kommt es wieder zu uns – und wir brauen daraus unser Brotbier.
Muss ein Braumeister Buchhaltung können?
Der Job eines Braumeisters ist es in erster Linie, sich Biere zu überlegen. Welche Hefen passen zu welchen Bierstilen? Welche Hopfen passen zum entsprechendem Malzkörper? Um dann auf die Qualitätssicherung einzugehen, sowohl im Rohstoff-Einkauf als auch beim fertigen Produkt.
Kann ein digitalisiertes Büro helfen?
Die Buchhaltung habe ich früher am Schreibtisch neben meinem Bett gemacht. Wir haben in einer Tabelle, die wir uns gebastelt haben, die entsprechenden Werte eingegeben. Was und wie viel ich an wen verkauft habe. Und auch die Eingangsrechnungen, die man hinter jeden Beleg heften muss. Der zeitliche Aufwand war ein absoluter Overkill. Daher sind wir wirklich glücklich, dass das alles jetzt digital läuft. Ich muss die Belege, die Einkommen nur noch einmal ins Programm hochladen, dann werden die der entsprechenden Buchung zugeordnet. Eine riesige Erleichterung. Durch die Digitalisierung habe ich wesentlich mehr Zeit, mich auf die Qualität zu konzentrieren. Oder ich habe mehr Freizeit, um mit meinen Kindern was zu unternehmen.
Geht Digitalisierung auch mit Nachhaltigkeit zusammen?
Durchaus. Weil wir in unserem Büro digitalisiert sind, sparen wir eine Menge an Papier. Wir konnten uns im Büro um 50 % verkleinern, weil wir nicht überall Aktenordner rumstehen haben.
Was raten Sie Menschen, die Ihrem Werdegang folgen möchten?
Ich wünsche ihnen sehr viel Ausdauer und ich würde ihnen raten, nicht bei jedem Stolperstein direkt aufzugeben. Sie sollten den Mut haben, durch Türen durchzugehen, wenn sich welche öffnen, auf die richtigen Partner setzen und auch etwas riskieren.