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Zwei umarmende Menschen als Strichgrafik abgebildet

Zusammen trauert man weniger allein

Was hilft Menschen in ihren schwersten Stunden? Darauf haben Hendrik und Jen Lind eine Antwort gefunden. Sie lautet: Austausch mit einer Person, die wirklich versteht. 2020 hat das Paar Trosthelden gegründet. Eine Matchingplattform, über die sich Menschen finden können, die auf ähnliche Art einen geliebten Menschen verloren haben.

Porträt von Jen und Hendrik Lind.

Trosthelden ist eine Online-Matchingplattform der etwas anderen Art. Es geht nicht darum, die große Liebe zu finden, sondern Trost. Trauernde, die auf ähnliche Weise mit dem Tod konfrontiert wurden, sollen zusammengebracht werden. Hendrik und Jen Lind, die Trosthelden gegründet haben, haben schon rund 7.000 Gespräche mit Trauernden geführt. Und festgestellt, dass allen das gleiche fehlt: das Gefühl, wirklich verstanden zu werden. Das kann eine Person, die ähnliches erlebt hat, zweifellos am besten.

„Es gibt zigtausend verschiedene Trauersprachen“, sagt Hendrik Lind. Was er damit meint: Jeder Mensch trauert anders. Denn so individuell die Umstände eines Todesfalls sind, so verschieden ist auch der Umgang. Über die Existenz verschiedener Trauersprachen aufzuklären, ist dem Gründer sehr wichtig. Denn das kann nicht nur den Trauernden helfen. Sondern auch dem Umfeld: Es fühlt sich oft ohnmächtig, weil es eben nicht die emotionale Stütze sein kann, die es gerne wäre. Deshalb wünscht sich Hendrik: “Das Wort ‚Trauersprachen‘ soll eines Tages im Duden stehen.”  

Um Menschen zusammenzubringen, die dieselbe Trauersprache sprechen, setzt Trosthelden auf einen detaillierten Fragebogen. Diesen füllt jeder Nutzer und jede Nutzerin der Plattform bei der Anmeldung aus. Dann übernimmt der Algorithmus. Dieser wurde gemeinsam mit einer Psychologin erarbeitet, die auch schon am Parship-Algorithmus mitgewirkt hat. Den Nutzer:innen werden mehrere Matches vorgeschlagen. Sobald die Kontakte geknüpft sind, hat Trosthelden seinen Zweck erfüllt. Eine Abmeldung von der Plattform ist für Hendrik und Jen deshalb das schönste Zeichen – zwei Menschen haben sich gefunden, die sich in ihrer schwersten Zeit gegenseitig stützen können.

Hendrik und seine Frau Jen haben sich keinen einfachen Beruf ausgesucht. Jeden Tag werden sie mit Tod und Trauer konfrontiert. Trotzdem haben sie nie daran gedacht, etwas anderes zu machen. Weil sie jeden Tag spüren, was sie mit ihrer Arbeit bewirken können: „Wir können anderen Menschen in einer Situation ohne Kompass Hilfe geben“, so Hendrik. Sie bekommen Fotos von Treffen geschickt, von gemeinsamen Urlauben. Sogar Liebespaare haben sich über die Plattform gefunden. Am Ende geht es hier also doch auch um Liebe. “Sogar sehr viel. Es ist ein schweres Thema, aber da wo Trauer ist, ist immer Liebe. Ohne Liebe keine Trauer”, sagt Hendrik.

Welchen Umgang mit dem Tod wünschst du dir für unsere Gesellschaft, Hendrik?

Unsere Generation hat überhaupt nicht gelernt, mit dem Tod umzugehen. Wir verbannen den Gedanken an den Tod so lange aus unseren Köpfen, bis wir damit konfrontiert werden. Dann ist da eine totale Ohnmacht. Verdrängung hat in den letzten Jahrzehnten und während der Weltkriege am besten funktioniert. Heute brauchen wir einen anderen Umgang. Wir müssen uns aktiv mit dem Gedanken beschäftigen, dass wir alle irgendwann sterben werden. Ich kann es jedem nur empfehlen! Das ist spannend und kann sehr viel Positives mit sich bringen. Meine Familie und ich sind vor drei Jahren nach Spanien gezogen. Wahrscheinlich hätten wir diese Entscheidung immer und immer wieder nach hinten geschoben, würden wir nicht jeden Tag mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert werden."

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