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Natalya steht vor einem Fenster und lächelt in die Kamera - Beitragsbild von Lexware Tell Your Story

Nebenberuflich und ehrenamtlich Gründen

2016 hat Natalya Nepomnyashcha das Netzwerk Chancen gegründet. Das soziale Unternehmen bietet ein ideelles Förderprogramm für soziale Aufsteiger*innen zwischen 18 und 39 Jahren und kollaboriert mit potentiellen Arbeitgebenden. Gleichzeitig setzt Netzwerk Chancen sich dafür ein, dass die soziale Herkunft als Diversity-Faktor anerkannt wird. Dass Natalya die Organisation ehrenamtlich und nebenberuflich leitet, ist besonders beeindruckend. Im Gespräch hat sie verraten, was sie antreibt.

Portrait von Natalya vor einer weißen Wand - Beitragsbild von Lexware Tell Your Story

Du hast nebenberuflich gegründet. Was hat dich dazu bewegt?

Natalya: Ich wurde 1989 in Kiew geboren. Als ich elf war, zogen meine Eltern mit mir nach Deutschland, wo ich in einem sozialen Brennpunkt in Bayern aufwuchs. Nach dem Realschulabschluss zog ich nach München. Dort machte ich zunächst eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin und anschließend eine weitere als Übersetzerin und Dolmetscherin. Meine zweite Ausbildung wurde in England als Bachelor anerkannt und ermöglichte mir so auch ohne Abitur ein Masterstudium, das ich 2012 mit einem Masterabschluss in "Internationale Beziehungen" an der University of Central Lancashire abschloss. Nach unzähligen vergeblichen Bewerbungen bekam ich schließlich meinen ersten Job in Berlin. Der Weg dorthin war lang und ich machte sowohl in der Schule als auch im Beruf immer wieder die Erfahrung, dass mir aufgrund meiner sozialen Herkunft Chancen, die für andere selbstverständlich waren, verwehrt blieben. Ich entschloss mich deshalb 2016 dazu, nebenberuflich Netzwerk Chancen zu gründen.

Bild von Natalya vor blauem Hintergrund
In der Schule und im Beruf machte ich immer wieder die Erfahrung, dass mir aufgrund meiner sozialen Herkunft Chancen, die für andere selbstverständlich waren, verwehrt blieben. Ich entschloss mich deshalb 2016 dazu, nebenberuflich Netzwerk Chancen zu gründen.
Natalya Nepomnyashcha

Was ist deine Mission?

Natalya: Wir bieten ein ideelles Förderprogramm für soziale Aufsteiger:innen und beraten Unternehmen, wie sie sozial diverser werden. Seit 2020 arbeite ich hauptberuflich und in Vollzeit für eine der weltweit größten Unternehmensberatungen in Berlin. Meine Tätigkeit als Geschäftsführerin von Netzwerk Chancen führe ich immer noch ehrenamtlich aus und leite so ein Team von acht Haupt- und über 40 Ehrenamtlichen.

Wow, das ist beeindruckend. Wie gestaltet sich dein Arbeitsalltag als Gründerin mit gleichzeitigem Vollzeitjob in einem Beratungsunternehmen?

Natalya: Ich arbeite meist aus dem Homeoffice. Mittags, abends und am Wochenende nehme ich mir Zeit für Netzwerk Chancen – manchmal nur ein paar Minuten, manchmal ein bis zwei Stunden. Es ist auf jeden Fall weniger Arbeit, als die meisten denken.

Inwiefern helfen dir deine Gründungserfahrungen auch in deiner Haupterwerbstätigkeit?

Natalya: Durch die Gründung von Netzwerk Chancen habe ich sehr viel gelernt – ein Team zusammenstellen und führen, Menschen motivieren, mit wenig Ressourcen große Projekte umsetzen, agil arbeiten, schnell lernen und Prozesse anpassen. Das alles bringt mich natürlich auch in meinem Hauptjob weiter.

Gab es auch Herausforderungen, die du zu Beginn deiner Gründung meistern musstest?

Natalya: Als ich Netzwerk Chancen gegründet habe, gab es nur wenige, die an uns geglaubt haben. Gerade, weil ich ehrenamtlich und nebenberuflich gegründet habe und auch, weil wir gar kein Budget hatten. Die notwendigen Ausgaben (Steuerberatung, Versicherungen etc.) habe ich privat getragen. Die Gründung neben einem Vollzeitjob sowie die Leitung eines größtenteils ehrenamtlichen Teams zählten zu den größten Herausforderungen.

Im Moment ist Job + Ehrenamt die richtige Mischung für mich. Ich lerne in beiden Unternehmen sehr viel und entwickle mich vielseitig weiter.“

Aber auch der Einsatz für die Anerkennung der sozialen Herkunft als Diversity-Dimension war zu Anfang ein Kampf gegen Windmühlen. Zunächst gab es von Seiten der Wirtschaft weder Interesse noch Sensibilität für das Thema soziale Herkunft. Ich musste lernen, mich durchzubeißen und mit Niederlagen umzugehen. 2021 hat die Charta der Vielfalt die soziale Herkunft als siebte Vielfaltsdimension aufgenommen, was maßgeblich an unserer unermüdlichen Arbeit für die Anerkennung der Dimension lag. Seitdem nimmt das Thema Fahrt auf und wir wachsen, was natürlich wieder ganz eigene Herausforderungen mit sich bringt: So müssen wir regelmäßig neue Mitarbeitende rekrutieren, was als soziales Unternehmen mit begrenzten Mitteln beim derzeitigen Jobmarkt nicht einfach ist.

Was war bei all den anfänglichen Widerständen für dich ein motivierendes Feedback zu deiner Gründungstätigkeit, das dir hilft, weiterzumachen?

Natalya: Da gibt es so viele Sachen. Besonders schön ist natürlich, wenn unsere Mitglieder Feedback geben und erzählen, dass sie durch uns einen Job gefunden haben oder sich getraut haben, nach einer Beförderung oder einer Fortbildung zu fragen.

Könntest du dir vorstellen, irgendwann „all in“ zu gehen und Netzwerk Chancen hauptberuflich zu leiten?

Natalya: Im Moment ist Job + Ehrenamt die richtige Mischung für mich. Ich lerne in beiden Unternehmen sehr viel und entwickle mich vielseitig weiter. Das möchte ich nicht missen.

Welche Vorteile hat es für dich, mehrere Standbeine zu haben? Was schätzt du an der Rolle als nebenberufliche Gründerin?

Natalya: Ich lerne viele unterschiedliche Menschen kennen, kann mich als Führungskraft und Unternehmerin weiterentwickeln, gleichzeitig kann ich in einer großen Beratung viel von anderen lernen.

Was ist dein Plädoyer für die Selbstständigkeit – was würdest du jemandem empfehlen, der oder die darüber nachdenkt, neben- oder hauptberuflich zu gründen?

Natalya: Gerade nebenberuflich sind die Risiken begrenzt und man kann seine Idee sehr gut testen. Man muss sich auf jeden Fall fokussieren und darf sich nicht verzetteln, denn gerade nebenberuflich hat man nur wenig Zeit. Aber wenn man sich vor jeder Aufgabe überlegt, ob der Aufwand sich für den Output lohnen wird, kommt man gut zum Ziel.

Hier geht’s zu Netzwerk Chancen: www.netzwerk-chancen.de

© Foto Credits: Netzwerk Chancen

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