Altenpfleger Stephan Wengel hat ein Fruchtgummi entwickelt, das Demenzkranke mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt – und ihnen ermöglicht, wieder ein klein wenig mehr am Leben teilzuhaben. Bald wird es in großem Stil hergestellt.
Wir essen, um zu leben. Viele Demenzkranke vergessen das. „Sie essen nicht, weil sie Hunger verspüren oder wissen, dass Nahrung wichtig ist. Sie essen nach dem Lustprinzip“, sagt Stephan Wengel. „Wenn Essen keinen Spaß macht, essen sie halt oft nicht.“ Stephan ist Altenpfleger und leitet die neurologische Station im Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen. Ernährungsmangel bei Demenz sieht er jeden Tag: „Dadurch sind die Patientinnen und Patienten mehr als ohnehin durcheinander.“ Nun scheint es, als habe er das Problem gelöst: Mit Fruchtgummis, selbst entwickelt in der Stationsküche. Stundenlang mischte er Fruchtsirups und kippte die heiße Masse in Förmchen, bis er die perfekte Mischung fand: Fruchtig duftend sind seine Naschgummis, dazu verführerisch bunt und süß im Geschmack. Sie sollen ja Lust auf Naschen machen.
Aber seine Fruchtgummis sind zugleich voll mit allem, was demente Menschen brauchen, um nicht weiter abzubauen. „Sie sind perfekt auf Menschen mit Demenz ausgerichtet. Sie sollen das normale Essen nicht ersetzen, sondern ergänzen. Gemeinsam essen ist sozial und bedeutet Teilhabe.“ Als Pfleger sieht er natürlich einen weiteren Nutzen. „Die Fruchtgummis sind bilanzierbar, wir wissen, welche Nährstoffe die Menschen intus haben.“ Zudem sei keine Aufsicht nötig – es entstehe kein Aufwand, der Nutzen sei riesig. „Mir war klar, dass ich was brauche, was frei zugänglich ist und alleine gegessen werden kann. Es sollte anregend sein, damit die Menschen Lust darauf haben.“ Stephan ist zufrieden:
Die Fruchtgummis ermöglichen mehr Lebensqualität und wahrscheinlich ein längeres Leben.
„Sweet – Nährstoffbooster für Demente“ taufte er seine Erfindung, bewarb sich beim Queen-Silvia-Nursing-Award 2021 – und gewann. Danach war alles anders: „Ununterbrochen riefen mich Angehörige an, ich bekam hunderte Mails.“ Auch große Firmen meldeten sich. Stephan meldete ein Patent an und steht kurz vor der Vergabe einer Lizenz. Seine Fruchtgummis werden künftig im großen Stil produziert. Neulich sei eine Patientin sehr glücklich gewesen, berichtet Stephan. Sie leide an grauem Star und könne nur noch schemenhaft sehen: „Sie war einen Moment wirklich sehr glücklich, die schöne Form und das kräftige Rot des Fruchtgummis erkennen zu können.“
Er selbst werde seinen Weg gehen, sagt Stephan: „Mit oder ohne Fruchtgummi. Aber …“ Er überlegt kurz, „ich würde mir wünschen, noch zwei, drei Produkte mehr an den Start zu bringen. Mal abwarten.“, sagt er. Er sei überzeugt, dass es genau das richtige Produkt ist: „Ich merke das an den Reaktionen. Den Menschen macht es Hoffnung.“